Oberheimen liegt nicht in Russland

Hennen

Die sieben Hühner haben einen trockenen, gemauerten Stall, dessen batteriebetriebener Feller am Morgen geöffnet und am Abend geschlossen wird. Sie haben auch einen einbruchsicheren Auslauf, der auf betoniertem Grund festgeschraubt und mit einem Gitterdach versehen ist, damit Hühnerdiebe – Marder und Fuchs – keine Chance haben, ihnen an den Kragen zu gehen.

Hinter der Voliere beginnt ein zweiter Auslauf, dessen Grund zu durchscharren die Hühner nicht müde werden. Oft bekommen sie Körner hier, die sie nach Hühnermanier aufpicken und sich schmecken lassen.

Hennebraun

Die wirkliche Freiheit beginnt, wenn die Gittertüre geöffnet wird, hinter der die aufgeregte Schar hin und her rennt, sobald sie das Klappern der Holzschuhe auf dem Hausplatz hört. Die Hennen lieben es, im Dörfli herum zu stromern. Sie rennen über die Wiese, geniessen ein Sandbad hinter dem Schopf, wo es immer schön trocken ist. Sie fressen Brennnesseln und zupfen Grashälmchen ab. Sie scharren im Kies, sie scharren in der Wiese, sie picken nach Samen, Körnchen, ja nach allem, was klein und rund ist, auch Steinchen gehören dazu. Kurz, die Hühner tun, was Hühner eben tun. Welche Freude, ihnen zuzuschauen.

Manchmal unternehmen sie abenteuerliche Ausflüge. Sie machen Bekanntschaft mit einer Kuh auf der Weide und treffen den Bauern im Stall, der sie verscheucht, wenn sie einmal zu viel Kraftfutter gefressen haben. Sie verstecken sich gerade noch rechtzeitig unter Nachbars Hecke vor Bussarden und Habichten. Sie wagen sich gar bis zum Bach hinunter, wo der hungrige Fuchs mit seiner Familie gefährlich nahe wohnt.

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Man denkt, wie idyllisch das Leben im Dörfli doch ist, wenn die Hühner ohne Ziel losrennen dürfen, überall nach Futter suchen, sich in der Sonne ausruhen oder freudig zurück kommen, wenn die Sonne untergeht. Aber damit ist jetzt Schluss, schliesslich liege Oberheimen nicht in Russland, habe ich gehört.

Oberheimen liegt, wo das Federvieh nicht scharrt, wo es ihm gefällt, sondern im genau definierten Geviert. Dafür sind die Blumenrabatten gepflegt und die Wege unkrautfrei. Hier ist eine Grenze ist eine Grenze, und eine Wiese gehört jemand. Hier bekommt ja sogar der Abfallcontainer ein mit Ziegeln gedecktes Giebeldach.

Aber das ist eine andere Geschichte.

😉

Über Regula Babajeza

Ich habe schon nachhaltig gelebt, da war das Wort noch nicht erfunden.
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2 Antworten zu Oberheimen liegt nicht in Russland

  1. Christian schreibt:

    Wenn Russland für ein Stück Freiheit und Unbeschwertheit in der ach so durchorganisierten Schweiz steht, dann her damit – Lass die Hühner los 😉 !

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