Wie man in Oberheimen zu einem Kiesplatz kommt

Zuerst einmal war da die Idee, im nächsten Sommer unter dem Nussbaum eine gemütliche Sitzecke einrichten zu können. Es war klar, dass dazu der feuchte Untergrund, auf dem kaum Wiese wuchs und aus dem zudem lästige Mücken krochen, in einen Kiesplatz umgestaltet werden musste. Es war auch klar, dass vor allem ich zu dieser Umgestaltung Lust hatte. Es würde also einige Zeit vergehen, bis ich das Projekt alleine umsetzen konnte.

An einem lauen Abend kurz darauf gesellte ich mich nur zu gerne zu den schwatzenden Frauen vor dem Haus, nachdem mein Mann verkündet hatte, er werde „Hitchhiker’s Guide to the Galaxy“ schauen, einen Film, den zu sehen ich absolut keine Lust hatte. Wir Frauen redeten über alles, was uns passiert und was für die nächste Zeit auf dem Programm war. Als sich schliesslich noch der Nachbar unserer netten Runde anschloss, erzählte ich das erste Mal von meinem Projekt Hausplatz. Der Nachbar bot an, irgendwann in der folgenden Woche mit der Heckschaufel seines Traktors den Humus wegzukratzen. Damit war mir schon sehr gedient.

Am Abend des nächsten Tages, als ich gerade mit meinem Auto fahren lernenden Sohn um die Ecke bog, kam mir ein anderer Nachbar entgegen und wies mich darauf hin, dass „der Dings … der Dings … Du kennst ihn“ mit seinem Bagger im Dörfli sei. Er könne mir gewiss ganz schnell und ganz günstig den Humus abtragen. Schnell entschlossen hüpfte ich aus dem Auto und rannte in meinen offenen Schuhen im strömenden Regen zum Werkplatz des Dings … des … Winnetou … ??? Sein richtiger Name kam mir gerade im richtigen Moment noch in den Sinn. Und klar, er würde mir den Humus abtragen, noch heute Abend. Es wurde auf Anraten eines weiteren männlichen Einwohners, den Humus gleich in den ehemaligen Gemüsegarten meiner Vorgängerin zu schaufeln. Ich machte mich frohgemut, wenn auch mit nassen Socken, auf zur Fahrstunde mit meinem Sohn.

Wieder zurück, hatten einerseits zwei andere Nachbarn meinem Mann mitgeteilt, dass jemand mit Bagger im Dörfli sei, und andrerseits war die Erde wunschgemäss am einen Ort abgetragen und am anderen sorgfältig verteilt worden. Ich schlief sehr gut in jener Nacht.

Am nächsten Morgen blieb mir gerade genug Zeit, meinem Mann die Unterlagen für die Steuererklärung hinzulegen und dann in die Landi zu düsen, um das Vlies zu kaufen, das ich auf der nackten Fläche auslegen wollte. Ich brauchte sage und schreibe eine gute halbe Stunde dazu. Dann ging ich ins Haus zurück, um mich dem Ausfüllen des Steuerformulars zu widmen. Als ich zehn Minuten später zufällig zum Fenster raus schaute, fuhr ein Lastwagen vor und entlud eine Ladung Kies, den zu bestellen ich noch nicht dazu gekommen war. Als ich ein zweites Mal aus dem Fenster schaute, war der Kiesplatz fertig.

Noch nie habe ich ein Projekt so schnell verwirklicht. Und das Beste ist: Es hat mich keinen einzigen Schweisstropfen gekostet. Dass die Rechnung noch aussteht, belastet mich nicht. Zu schön ist es, unter dem Nussbaum zu sitzen und ein Käfeli zu trinken.

Über Regula Babajeza

Ich habe schon nachhaltig gelebt, da war das Wort noch nicht erfunden.
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12 Antworten zu Wie man in Oberheimen zu einem Kiesplatz kommt

  1. damian schreibt:

    „The Hitchhiker’s Guide to the Galaxy“ ist ein super film, der auch dir gefallen würde. es gibt zwei versionen, neu (2005) und alt. (1981)
    die neue version ist klasse!
    http://www.1advd.ch/Default.ASP
    http://www.imdb.de/title/tt0371724/
    gruss

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  2. Franz Oettli schreibt:

    Ja so ein Kiesplatz ist etwas wirklich schönes!

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  3. Daniel Stricker schreibt:

    Gottfried Kellers Geist lebt. Diese Woche ist er offenbar grad in Oberheimen. 🙂

    Aber eine andere auch ganz tolle Story hast Du verpasst: „Per Anhalter durch die Galaxis“. Vor allem der Roboter war ganz toll. Und die Fliegenklatschen!! 🙂

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  4. Maya Conoci schreibt:

    Wow… da staunt der Laie… da soll noch jemand sagen, auf dem Land gehe alles ein wenig langsamer zu und her… Auf jeden Fall schön, wenn es im Leben so „fliesst“ und die Dinge einfach einfach sind. Ich hoffe, meine Inspektion kann bald stattfinden :).
    Grüessli Maya

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  5. Karin Patton schreibt:

    Super! Unser garten hat länger gedauert und der Gemeindemitarbeiter hat diese Woche auch noch unsere Thuien umgefahren…

    Ich denke für dieses „Leiden“ habe ich dann schon mal einen Kafi auf Deinem Kiesplätzli verdient, oder?

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